Parkour Trainerausbildung - Das Buch

Die Parkour.org Trainerausbildung gibt es seit über 10 Jahren. Entstanden ist sie aus der Erkenntnis, dass Parkour nicht nur im Mainstream, also in Film, Fernsehen und Werbung, ankommen, sondern damit auch auf kurz oder lang an Schulen und Universitäten landen wird. Doch kompetente Athleten sind nicht gleich kompetente Coaches und auch für Sportlehrerinnen und -lehrer bietet Parkour einen Weg, um wieder mehr Freude an Bewegung in den Schulsport zu bringen. 

So begann das Projekt “Parkourausbildung” mit dem Versuch, parkourspezifisches Grundwissen, Didaktik und Pädagogik für komplett unterschiedliche Zielgruppen so aufzuarbeiten, dass alle einen Mehrwert davontragen und in der Lage sind, in ihren jeweiligen Kontexten Parkour zu vermitteln. Das Skript, dass für die erste Ausbildung geschrieben wurde, deckte damals bereits alle Themenbereiche ab, die an diesem ersten Wochenende besprochen wurden. Nach der Basic Ausbildung folgten Advanced und Expert, für die Teil 2 unseres Skripts konzipiert wurde.

Mit der Zeit erweiterte sich der Horizont unseres Ausbilderteams, sodass unsere Skripte durch einige Texte ergänzt werden mussten. Doch die ganze Zeit waren wir uns der Notwendigkeit einer kompletten Überarbeitung bewusst. Das Ziel: ein Skript, dass die Inhalte aller Ausbildungswochenenden enthält, sinnvoll in einen Zusammenhang setzt und am besten auch für Leute, die nicht an den Wochenenden teilgenommen haben, interessant und lehrreich ist. Also… ein Buch?!

So begann 2020 die Arbeit an unserem eigenen Parkourbuch. Ein Buch über Parkour. Übers Unterrichten. Darüber, was es bedeutet “Trainer” zu sein. Aber…es gibt bereits ausgezeichnete Sachbücher über Parkour. 2021 erst veröffentlichte Philipp Holzmüller in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Turnerbund “Das große Theorie und Praxisbuch” über Parkour und wir empfehlen es seither bei jeder unserer Ausbildungen weiter. 

Nun stellte sich also, nach einem Jahr Schreibarbeit, die Frage: was können wir in dieser gesättigten Ökonomie noch beitragen? Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus: es gibt, im Netz und in Büchern, eine endlose Masse an Content, der beschreibt, was man im Parkour macht. Welche Bewegungen üblicherweise verwendet werden. Doch was Parkour ist und was es mit denen macht, die es trainieren, darauf gibt es keine zufriedenstellende Antwort. Heutzutage wird zum Beispiel immer klarer, dass Parkour nicht über Bewegungen definiert werden kann. So groß ist die Varietät an individuellen Stilen inzwischen geworden, dass man sagen kann: ich weiß nicht, wie Parkour aussieht, aber ich erkenne es, wenn ich es sehe.

So hat sich unser Buchprojekt (in Arbeit) vom klassischen Sachbuch, dass eine Toolbox bietet, ohne dabei zu erklären, wie man sie benutzt, entfernt. Stattdessen sprechen wir von der Bedeutung von Achtsamkeit und ihren Intersektionen mit Stress und Präsenz im Training. Wir betrachten Modelle aus der Entwicklungspsychologie und ziehen Parallelen zu Challenges im Parkour und wie sie uns verändern. Wir untersuchen, wie Menschen Lernen und welche Grundlagen dafür geschaffen werden müssen. Und nach all dem schlagen wir den Bogen zu physikalischen Gesetzen, Biomechanik, Trainingslehre und Bewegungslernen. 

Das Ziel des Buches ist eine ganzheitliche Perspektive auf die sehr spezielle Mischung aus komplexen Bewegungsmustern, körperlichem Training und mentalen Herausforderungen, die Parkour auszeichnet. Wir haben gelernt, dass unser Körper und Geist eher einem Ökosystem gleichen, als Maschinen und Computern. Gesunde Menschen brauchen und wollen Herausforderungen, um an ihnen zu wachsen. Dafür ziehen wir allerlei Modelle zu Hilfe und versuchen, Theorie mit unserer eigenen Erfahrung zu integrieren und zu relativieren. 

Im Zeitalter von schrumpfenden Aufmerksamkeitsspannen und Bewegungsarmut versuchen wir als Parkour.org, zusammen mit unseren deutschlandweiten Netzwerkpartnern, jeden Tag unseren Teil dazu beizutragen, Freude an Bewegung und damit am Leben zu vermitteln. Parkour bringt uns in Kontakt zu unserer Umwelt und den Menschen darin, lehrt uns unsere Stärken und konfrontiert uns unverblümt mit unseren Schwächen. 

Unsere Herausforderung in unseren Trainerausbildungen und in unserem Buch ist es, theoretisches Wissen philosophisch so aufzuarbeiten, dass Menschen aller Zielgruppen daraus praktisches Know-How für ihr eigenes Training und ihre Rolle als Trainerinnen und Trainer ableiten können, ohne einfach nur Schemata zu übernehmen, die gedankenlos kopiert werden. Denn schließlich entsteht Parkour auch immer wieder neu, abhängig von externen Zuständen wie Ort und Zeit und internen, also persönliches Interesse oder Energie. Warum sollte sich das ändern, wenn es unterrichtet wird? 

The map is not the territory. Go and explore.

Max Rieder