Bail und Fail Awareness

Jeder kennt es: Kurz vor dem Sprung oder der Landung verliert man den Fokus, und der Sprung klappt nicht wie geplant. In diesem Workshop setzen wir uns mit Spaß und Leichtigkeit mit dem "Worst-Case" auseinander, betrachten unterschiedliche Methodiken und Lernschritte, um ein größtmögliches Bewusstsein für Risiken zu schaffen.

Autor: Andreas Vogelsberg


Parkour Ukemi - Die Kunst sich dem Unerwünschten zu öffnen

Ukemi (jap. 受け身): In japanischen Kampfkünsten bezeichnet das Wort uke die Person, die eine Technik “erhält”, “erfährt” oder “entgegennimmt”. Die Handlung dieses “Entgegennehmens” ist Ukemi. Ins Englische übersetzt “the receiving body” oder “der erhaltende Körper” (klingt etwas holzig, nicht wahr?).


Du bekommst es - ob du willst oder nicht

In der Bedeutung des Wortes Ukemi steckt bereits viel Wahrheit darüber, was es - in verschiedenen Kontexten (Disziplinen, Situationen) - bedeutet, zu fallen. Oder eben, etwas zu “erhalten”. Wer Boxen trainiert, wird Schläge abbekommen. Wer Judo trainiert, wird geworfen werden. Im Parkour wird gefallen.

Das kann dir gefallen oder auch nicht, wahr ist es dennoch.

Oft rührt der innere Widerstand, den wir vor einer Challenge spüren, daher, dass wir unsere Fallszenarien nicht so ganz einschätzen können. Paradoxerweise kennt man das Gefühl von Zeitlupe und Sicherheit im Sturz, wenn es dann dazu kommt - und in den meisten Fällen retten unsere Instinkte uns vor gröberen Verletzungen.

Das bedeutet, es gibt irgendwo eine Diskrepanz zwischen unseren Fähigkeiten und der Bereitschaft, sich diesem unvorhersehbaren Szenario zu öffnen. 

Es bedeutet auch, dass ein Großteil der Menschen, die mit Parkour anfangen, genau deshalb wieder aufhören werden, weil sie ihre Fähigkeit zu fallen nur im Ernstfall schulen können - das ist eine Schule, die man nur mit Glück oder viel Zähigkeit besteht. 

Vielleicht finden wir einen anderen Weg?


Prinzipien des Fallens

Als Guidelines lassen sich zunächst zwei unumstößliche Prinzipien festhalten:

  1. Versuche, empfindliche Körperstellen zu schützen: Das sind zunächst der Kopf, aber auch Stellen wie Handgelenke, Ellbogen und Knie. Schultern und Hüfte bilden in dieser Liste ein nicht ganz eindeutiges Zwischenglied.

  2. Verteile Kraft auf eine möglichst große Fläche: Stelle dir einen Ball aus Knete vor, der zwar mit einem Punkt zuerst aufkommt, dann aber nachgibt und sich ausbreitet. Das führt zum dritten, vielleicht wichtigsten Punkt.

  3. Der Boden ist nur so hart wie du: Die Idee des uke bedeutet, etwas vollständig anzunehmen. Die Akzeptanz des Sturzes ermöglicht es dir, flexibel zu handeln. Innerer Widerstand wird zu einer verkrampften und harten Körperkomposition führen, der dir am Ende mehr schaden als nutzen wird.


Fallrichtungen und andere Umstände

Der nächste Punkt, mit dem wir uns beschäftigen, ist die Richtung unseres Sturzes. Was für Notwendigkeiten und Möglichkeiten finden wir, wenn wir Faktoren wie Geschwindigkeit, Richtung, Fallhöhe und Umgebung berücksichtigen?


Fallen üben

Erinnern wir uns an das Prinzip der kleinen Schritte, sollten wir in der Lage sein, uns an die jeweiligen Szenarien, auf die wir gekommen sind, langsam heranzutasten.

Sind wir uns unsicher, können wir in der Halle so viel auspolstern, wie wir möchten.

Fällt uns auf, dass Fertigkeiten wie z.B. die Rolle schlicht nicht gut genug beherrscht werden, befähigt uns diese Erkenntnis, notwendige Schritte (Übungen) in diese Richtung einzuleiten.

Was auch immer es ist

die Art und Weise, wie du deine Geschichte online vermittelst, kann einen gewaltigen Unterschied ausmachen.


Übungen

Wir beginnen nah am Boden und steigern von dort aus die Intensität.

1. Hinlegen und Umfallen

Progression: Umfallen aus dem Sitzen - aus der Hocke - aus dem Stehen - aus dem Gehen

Spielformen: 

  • Slides auf Distanz oder unter Hindernissen hindurch

  • Roboter ausschalten (kleines Spielfeld; wer auf den Kopf getippt wird, ist für 3 sek ausgeschaltet)

  • Sleep Check (alle bewegen sich; auf Kommando “sleep check!” schlafen alle auf der Stelle ein; interessant, wenn tatsächliche Aufbauten im Spiel sind)

2. Partnerarbeit

Progression: Langsam zu schnell; sanft zu fest; mit Vorbereitung zu überraschend (zb: Augen zu)

Variationen:

  • Person an einer Hand festhalten, während sie sich von einem weg lehnt und nur noch vom Partner gehalten wird → loslassen

  • Trust fall: Partner lässt sich fallen und wird mehrere Male aufgefangen → dann (überraschend) nicht mehr

  • Entropy jump: Eine Person springt → Partner bringt sie in der Luft aus dem Gleichgewicht (weicher Boden ist ratsam)

3. Kastenarbeit

Progression: Langsam zu schnell; vorsichtig zu dynamisch; ablegen zu springen und fallen

Variationen:

  • Bäuchlings auf den Kasten legen; auf die ferne Seite abrutschen und langsam abrollen; mit mehr Schwung am Kasten festhalten und statt mit dem ganzen Körper mit den Füßen aufkommen

  • Hinternroller über den Kasten; die Bewegung immer mehr in ein Hinlegen und rückwärts rollen wandeln; Boden auf der anderen Seite spotten; Hände (oder auch Ellbogen) abstützen; Macaco-mäßig auf den Füßen landen vs. “zusammenfalten”, Kopf schützen und auf Schulter/Rücken landen

  • Handtuch auf Kasten, gegebenenfalls Matte in Fallzone; mit langsamen Step-Vaults die Rutschmechanik des Aufbaus testen; langsam, Schritt für Schritt daran herantasten, auf das Handtuch zu springen und das Wegrutschen passieren zu lassen

4. Stunts und kreative Stürze

Mögliche Aufbauen: 

  • Kombinationen aus Kästen mit unterschiedlichen Höhen

  • Wand + Mattenstapel mit unterschiedlichen Höhen

  • Stange + Wand und Matte

  • Trampolin und Mattenstapel